Die 83 Gerichtsvollzieher in Mecklenburg-Vorpommern sehen sich bei ihrer Arbeit zunehmend mit Gewalt konfrontiert. „Die Aggressivität hat spürbar zugenommen und die Hemmschwelle zu Gewalttaten sinkt“, sagte die Vorsitzende des Landesverbandes des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes, Karina Arndt, gegenüber unserer Redaktion. In Hagenow  beginnt am 4. Januar der Prozess gegen einen Boizenburger, der im Juni ein Gerichtsvollzieherin gleich mehrfach und auf offener Straße angegriffen und bedroht haben soll. „Die Stimmung unter den Schuldnern ist gereizt“, bericht die Landesvorsitzende Arndt. Außerdem habe der Respekt vor dem Amt ähnlich wie bei der Polizei abgenommen.
Sie fordert mehr Sicherheit für ihre Kollegen ein. Mit dem Schweriner Justizministerium soll ein Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen erörtert werden. Der Vorschlag Gerichtsvollzieher dürfen vor dem Gang zu einem Schuldner bei der Polizei Erkundigungen über die Person einholen, um ein mögliches Gefahrenpotenzial einschätzen zu können.
 Das Thema Gewalt gegen Gerichtsvollzieher dürfe nicht unter schätzt werden, warnte Arndt. Bislang gibt es nicht einmal eine Statistik über die Attacken.
Nicht nur die Aggressivität steigt, oft sei auch nichts mehr bei den Schuldnern zu pfänden. Bei Schuldnern ist immer weniger zu holen. Sozial schwache Familien besäßen kaum Wertsachen, die gepfändet werden könnten. „Oft könnten Gegenstände wie Flachbild-Fernseher nicht gepfändet werden, weil sie auf Ratenzahlung gekauft wurden. Außerdem würde nach der Versteigerung nicht viel übrig bleiben, wenn die Kosten für Abtransport und Lagerung abgezogen sind“, so Frau Arndt.
Nach Angaben aus dem Justizministerium konnten Gerichtsvollzieher im Jahr 2008 noch 22.874931 Euro für Gläubiger eintreiben, ein Jahr später waren es 22.497674 Euro und hoch gerechnet auf dieses Jahr werden es nur noch 21.400000 Euro sein.
Die Folgen: Weil bei vielen Schuldnern kein Geld mehr zu holen ist, verzichten Unternehmen auf die Leistungen der Gerichtsvollzieher. Die Schwankungen schlagen sich auch in der Statistik nieder. Im ersten Halbjahr 2010 wurden in Mecklenburg-Vorpommern nach Angaben des Justizministeriums etwa 59 500 Zwangsvollstreckungen durchgeführt. 2009 waren es 117675, im Jahr zuvor noch 124400.
Dem Landeshaushalt bescherten die „Kuckucks-Kleber“ im vergangenen Jahr allerdings Einnahmen in Höhe von 35 000 Euro durch Gebühren, die für ihre Leistungen erhoben werden.
Thomas Volgmann

SVZ vom 16.12.2010