Vollstreckungsbeamte treiben Gebühren für Städte und Gemeinden ein.

 

Waren – Wenn Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsbeamte an der Tür klingeln, wollen sie Schulden eintreiben. Da die „Kuckuckskleber“ öffentlicher Behörden fast immer Einzelkämpfer sind, vertritt der Landesverein der Vollziehungs- und Vollstreckungsbeamten ihre Interessen.AnfangNovember feiert der Verein 20-jähriges Bestehen. Die OZ sprach mit der Landesvorsitzenden Carmen Ciupke:

Ostsee-Zeitung:  

Viele Menschen in MV sitzen in der Schuldenfalle. Ist eine Tendenz auszumachen?

Carmen Ciupke:  

Ja. Von Jahr zu Jahr können immer mehr Leute ihre Rechnungen nicht bezahlen.

OZ:

Was kann dafür alles gepfändet werden?

Ciupke:

Alles Mögliche. Autos, sogar Tiere. In einem Spielkasino in MVsind einmal alle Automaten gepfändet worden. Bei den meisten Schuldnern ist allerdings nicht viel zu holen. Und die Behörden wollen in erster Linie Geld.

OZ:

Werden die Mitarbeiter im Außendienst auch beleidigt oder angegriffen?

Ciupke:

Das kommt vor. Deshalb werden sie in Psychologie und Selbstverteidigung geschult. Sie lernen zum Beispiel ihre Kugelschreiber oder Aktenkoffer als Waffe zu benutzen. Aber nur, um ihrem Gegenüber eine Schrecksekunde einzujagen, damit sie selber weglaufen können.

OZ:

Das klingt bedrohlich. . .

Ciupke:

Das sind aber nur Ausnahmefälle und dennoch lieben die Beamten ihren Beruf. Die meisten sind Vollblutvollstrecker. Sie schätzen die Abwechslung, den Kontakt mit den Menschen. Oftmals begleiten sie Familien über Jahre hinweg. Und sie zeigen immer Fingerspitzengefühl, wenn Schuldner in Notlagen sind.

OZ:

Was unterscheidet Vollstreckungsbeamte von Gerichtsvollziehern?

Ciupke:

Sie arbeiten für Ämter, Kreise und Gemeinden. Sie treiben Bußgelder ein, auch die Hunde-, Gewerbe- und Grundsteuer sowie Kita- Beiträge oder Bibliotheksgebühren. Des Weiteren leisten sie Amtshilfe für die IHK, Handwerkskammer, GEZ und Schornsteinfeger.

OZ:

Warum wurde 1991 der Verein gegründet?

Ciupke:

Weil viele Vollziehungsbeamte keine Ausbildung hatten, sondern einfach ins kalte Wasser gestoßen wurden. Deshalb hat sich damals eine Handvoll Enthusiasten zusammengetan. Inzwischen zählt unser Verein 121 Mitglieder. Für die organisieren wir regelmäßig Seminare, um sie mit neuen Gesetzen und Vorschriften auf dem Laufenden zu halten. In den vergangenen 20 Jahren wurden 1255 Teilnehmer geschult – dank Unterstützung der Städte und Gemeinden, die die Kostenübernehmen und ihre Mitarbeiter freistellen. Außerdem bringt unser Verein Kollegen zusammen, damit sie sich mal treffen und austauschen können.

OZ:

Wie wird das 20-jährige Vereinsjubiläum gefeiert?

Ciupke:

Mit einer Festveranstaltung, einem offenen Workshop, einem Fachvortrag und vielen interessanten Gesprächen. Eingeladen sind unsere Vereinsmitglieder, Dozenten, ehemalige Mitstreiter und Gäste. Gemeinsam wollen wir auf das Erreichte zurückblicken. Das tun wir am 4. und 5. November in Waren an der Müritz.

 

(Ostsee Zeitung OZ, vom 26.10.2011)